Anthropozän setzt sich aus den griechischen Worten ánthropos für ‚Mensch‘ und der Endung -zän, von kainós für ‚neu’, zusammen und wird häufig vereinfacht als „Zeitalter des Menschen“ bezeichnet. Der Diskurs um die Bedeutung dieser Wortschöpfung ist dabei von Interesse und ambivalent konnotiert. Die Auslegung unterscheidet sich danach, aus welcher disziplinären Perspektive die Debatte betrachtet wird: Ein zentrales Forschungsziel der Naturwissenschaften ist es, den potentiellen Beginn als neues geologisches Zeitalter zu bestimmen. Sie untersuchen, ob sich menschenverursachte Ablagerungen weltweit zu einem bestimmten Zeitpunkt in der selben stratigrafischen Schicht der Erde finden lassen*. Dahingegen diskutieren die Geistes- und Sozialwissenschaften vor allem das Verhältnis von Mensch und Natur, das in der westlich geprägten, modernen Philosophie zu einer kategorischen Trennung führte, und die Frage, wie nicht-westliche Weltbilder ein neues Verständnis und neue Zugänge ermöglichen. In Anbetracht von Umweltzerstörung und Klimanotstand ist der Begriff dabei auch im öffentlichen Dialog zu einem bedeutenden Schlagwort geworden.
*Update zum Abstimmungsverfahren und der Arbeit der Anthropocene Working Group:
Der Vorschlag der Anthropocene Working Group, die gegenwärtige Epoche ‚Anthropozän‘ zu nennen, wurde im März 2024 von der ersten Instanz der für die Benennung der geologischen Zeiteinheiten zuständigen wissenschaftlichen Gremien, der internationalen Subcommission on Quaternary Stratigraphy (SQS), offiziell abgelehnt. Noch ist unklar, wie der kulturelle und populäre Diskurs darauf reagiert, der das Anthropozän längst als etablierten Paradigmenwechsel anerkannt hatte.
(19. März 2024)
Credits
Expertin: Dr. Friederike Schäfer
Schnitt: Miles Tardieu
[Lizenz: CC – BY – ND]